„Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“ Das ist klar. Wie genau aber dieses hohe Ziel in greifbare Nähe rückt, darüber hat uns Goethe in seiner Ode „Das Göttliche“ allenfalls eine überaus vage Anleitung hinterlassen. Was ein wahrhaft ehernes, ein erstrebenswertes, ja ein beinahe verpflichtendes Grundverlangen für das Leben der Menschen sein mag, hat in der Realität tatsächlich meist nur sehr wenig Bestand.
Niemand ist immer edel, hilfreich und gut. Oder wahrhaftig. Mit allzu langen Schritten diesem – zugegebenermaßen erstrebenswerten Ideal entgegenzugehen, kann allzu leicht ein exakt gegenteiliges Ergebnis zur Folge haben. Vor allem dann, wenn zu eigenen Streben nach Wahrhaftigkeit, Güte und Edelmut noch die allzu laute Forderung kommt, auch andere mögen diesem Ziel in ebensolchen Maße nacheifern. Läßt man selbst diese Forderung allzu tönend klingen, propagiert man selbst allzu sehr den Sinn für die Wahrheit, dann ist – wie in diesen Tagen an prominenter Stelle zu sehen – der Fall nicht weit.
Der Mensch braucht Ziele, ja; und er braucht hohe Ziele, nach denen er sich recken kann. Doch dabei die Realisierbarkeit derselben außer Acht zu lassen, ist fatal. So haben die Deutschen nicht nur einen fähigen Verteidigungsminister, sondern auch und vor allem, einmal mehr ihren Glauben verloren. Den Glauben an die Regierenden, den Glauben an die Wissenschaft, an die Wahrheit und – was viel schlimmer ist – nicht zuletzt auch den Glauben an sich selbst. Denn wenn einer, der jung, dynamisch, gebildet und weltmännisch auftritt, dazu noch von Adel und vermögend ist, seine Ziele nicht erreichen, seine eigenen Forderungen nicht erfüllen kann; wie soll dann ich, der kleine Mann, ein hohes Ideal erreichen.
Weil ein Mensch die von ihm selbst hoch gehaltenen Werte mit Füßen getreten hat, weil die Wissenschaft einmal mehr eine unheilige Allianz mit der Politik – und nicht zuletzt auch mit dem Geld – eingegangen ist, dürfen wir nun sehen, wie wir da wieder hinaus kommen.
Wäre es da, Herr zu Guttenberg, nicht eigentlich Ihre Pflicht gewesen, durchzuhalten, weiterzumachen, den einen – den eigentlichen – Job, den Dienst am Volk, der so vielversprechend begonnen hatte, erfolgreich weiterzuführen, als nun im stillen Kämmerchen zu warten? Worauf? Ja, worauf eigentlich?
Glaubwürdigkeit kann man verlieren. Sehr schnell sogar. Aber man kann sie sich auch wieder erarbeiten. Langwierig und mühsam bisweilen, aber man kann. Ob allerdings Rückzug, Aufgabe und Verzicht die richtigen Mittel dazu sind, oder nicht vielmehr nur frischer Wind in den Segeln politischer wie persönlicher Gegner? Was daraus entsteht, wird man sehen. Ich für meinen Teil jedenfalls hätte es begrüßt, Sie wären geblieben.