Kann die Vermessung der Welt am Schreibtisch erfolgen? Kann es wissenschaftlichen Fortschritt geben, ohne das die Forscher die Welt im praktischen Sinne entdecken? Inwieweit prägt Reisen den Menschen? Und welche Verbindungen ergäben sich, aus einer vorbehaltlosen Zusammenarbeit von Wissenschaftlern?
Der Themenkreis der fiktiven Doppelbiographie, mit der Daniel Kehlmann hitzige Diskussionen angeregt hat, ist breit. Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt: Es stehen sich der Mathematiker Karl Friedrich Gauß und der Naturforscher Alexander von Humboldt gegenüber, deren sehr verschiedene Lebenswege sich bei einer Tagung kreuzen. Fortan bleiben beide in Kontakt und tauschen sich über Forschungsergebnisse, Meinungen und gelegentlich auch Privates aus. Abwechselnd berichtet der Erzähler aus beider (teils fiktiver) Biographien.
Gauß, der ewig daheim gebliebene, Humboldt der Weltreisende. Wie sehen sie die Welt und wie sieht die Welt sie? Und vor allem, wie viel sieht man wirklich von der Welt, wenn das herrschende System nicht zu viel preisgeben will.
Auch wenn es mit der historischen Korrektheit in Kehlmanns Roman nicht allzu weit her ist, die Methode ist eine überaus interessante. Hier werden Fragen aufgeworfen, die nicht beantwortet werden, möglicherweise auch nicht zu beantworten sind, eben deshalb aber sollte man an diesem abschnittsweise erfrischend ironischen Werk nicht achtlos vorbei gehen.
Empfehlung: sehr lesenswert
2 Gedanken zu „Daniel Kehlmann „Die Vermessung der Welt““