Glück kommt selten allein…

Oder von der Anatomie des Jammerlappens. Eindrücke von Hirschhausens zweitem Bestseller-Sachbuch „Glück kommt selten allein…“

Zweimal habe ich es geschafft in der Buchhandlung an diesem verführerischen kleinen Glücksschweinchen auf grünem Grund vorüberzugehen, beim dritten Mal allerdings hat es mich endgültig eingefangen, es ging nicht mehr, ich musste ihn haben, den neuen Bestseller von Dr. med. Eckart von Hirschhausen. Klingt ja auch vielversprechend: „Glück kommt selten allein“. Wie, es kommt selten allein? Kommt es nicht von allein, oder bringt es etwa noch jemanden mit, noch mehr Glück etwa, oder kommt es erst, wenn man nicht mehr allein ist? Naja, irgendwie wohl von allem ein bisschen.

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Bastian Sick in Bozen

„Ich kann nun mal nur Grammatik.“
Bastian Sick am 23.03.2012 im Bozner Waltherhaus.

Na ja, das dafür aber umso besser. Und von „nur“ kann bei aller Bescheidenheit auch nicht die Rede sein. Allein die Inszenierung des Auftrittes verrät: Da ist ein echter Profi am Werk und zwar bei weitem nicht nur, was die Grammatik betrifft.

Im ausverkauften Theatersaal weist der Autor der Zwiebelfisch-Kolumne augenzwinkernd charmant auf die Irrungen und Wirrungen der deutschen Sprache hin und hatte, nach erst 3-tägigem Aufenthalt in unserem Alpenland, auch schon allerlei Schnappschüsse aus dem Südtiroler Sprachdschungel im Gepäck.

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Gastbeitrag: Mein Lieblingsbuch

Von Hans-Georg Fischer, Fischers Bücherstube Freyburg (Unstrut)

Wohl jeder Mensch bzw. Leser hat sein Lieblingsbuch. Warum soll es da bei Buchhändlern anders sein? Merkwürdig, aber es ist so: In jedem Jahr lese ich dieses Buch einmal. In meiner Lehrzeit habe ich angefangen, mich mit russischen Autoren zu beschäftigen. Puschkin, Tolstoi oder Dostojewski. Da bin ich auch zu Michail Bulgakow gekommen. „Der Meister und Margarita“. Seitdem habe ich dieses Buch mehrmals gelesen und immer wieder neu entdeckt. Man kann und sollte das Buch immer aus anderer Perspektive oder als anderes literarisches Genre lesen.

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Rezension „Die schönsten Blütenwanderungen in Südtirol“

Beinahe bescheiden präsentiert sich das gehaltvolle Buch von Susanne und Rainer Altrichter auf den ersten Blick. Zwar strahlen einem bereits von der Titelseite tiefblaue Enzianblüten entgegen, doch im Gegensatz zu dem, was den Leser – und zwar nicht nur den begeisterten Naturfreund – im Inneren des etwas anderen Wanderbuches erwartet, erscheint der Umschlag eher farblos.

Der Erscheinungstermin – Frühjahr 2011 – hingegen war gut gewählt. Lädt doch das Buch zu 34 Wanderreisen zu den schönsten Blüten der Dolomiten ein, deren erste in die Zeit der Frühlings-Knotenblumen fällt.

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Bücher für lange Winterabende

Früh dunkel, schnell kalt und einen offenen Kamin zu Hause, in dem das Feuer herrlich knistert – Das heißt für mich Lesezeit. Endlich mal die Bücher aus dem Regal holen, für die in den letzten Wochen nie Zeit war.

Die hier gehören unbedingt noch zu meinem Winterabendprogramm bis Ende des Jahres:

„Das Wesen“ von Arno Strobel – ganz neu und die Leseprobe war vielversprechend.

„Dornröschenmord“ von Anna Kalmann

„Die Reinheit des Todes“ von Vincent Kliesch – Mehr über Kliesch auf dem wie ich finde wirklich informativen Literaturnotiz-Blog (Artikel vom 15.11.2010).

„Gomorrha“ von Roberto Saviano – Hab ich schon viel zu lang liegen gelassen und nach „Das Gegenteil von Tod“ mich endlich wieder einmal daran erinnert

Nach dem „Chirurg von Campodios“, „Der Wanderchirurg“, „Die Liebe des Wanderchirurgen“ und „Der Puppenkönig“ kann ich mir Wolf Serno’s neuen „Die Medica von Bologna“ unmöglich entgehen lassen.

„Schachmatt“ von Jostein Gaarder – vor Ewigkeiten gelesen und letzte Woche wieder entdeckt – lässt einen neuen Blick auf sein Gesamtwerk zu.

Auch das vieldiskutierte „Deutschland schafft sich ab“ des Herrn Sarrazin hab ich noch immer nicht gelesen.

Und auch in „Licht der Welt“ von Papst Benedikt und Peter Seewald, das am 22.11.2010 frisch erschienen ist, möchte ich unbedingt noch einen Blick werfen, bevor das Jahr zu Ende ist.

Ach ja, und natürlich wollte ich auch schon längst den Reiseführer über Tramin durchstöbern, damit ich gleich im Frühjahr auf Entdeckungsreise gehen kann.

Roberto Saviano – Das Gegenteil von Tod

Bekannt geworden, weil er einen tiefen Blick hinter die Kulissen der Camorra (2007, Gomorrha) tat, zeigt Roberto Saviano in seinen Zeitschriftenaufsätzen eine andere Seite dieser Welt zwischen Machtgewinn und Verlust auf.

Das Gegenteil von Tod (2007, I Documenti del Corriere della Sera)
Von weiß zu schwarz, von Liebe zu Trauer. Beinahe liebevoll spielt Saviano mit den Worten. Beinahe ebenso liebevoll wie Maria, die 17-jährige Braut des Gaetano, an den zurück denkt, der fast ihr Mann geworden wäre.
Wie viele junge Männer aus dem Süden Italiens zog der gerade 24-jährige in den Krieg nach Afghanistan, um für ihr gemeinsames Leben das Startkapital zu verdienen. Militär oder Mafia war seine Wahl. Er entschied sich für die Legalität und kehrte nicht zurück. Was bleibt ist Trauer, Unverständnis und immer wieder die Frage der anderen: Wie war das, als Du erfahren hast, dass er nicht zurück kommt? Mit ihren Erinnerungen versucht Maria die Verbindung aufrecht zu erhalten. Savianos Hommage an jene, die sich nicht gegen das Gesetz wenden und doch keine Chance erhalten, ist schonungslos berührend. Denn das Gegenteil von Tod … ist Liebe. Ist der Lebensfunke, der nicht verlöscht. Ist die Hoffnungslosigkeit, das Warten auf das Danach.

Der Ring (2007, L’espresso)
So wie der Ring symbolisch steht für den Kreis, der Schutz bietet und zugleich auch Zwang ist, weil man aus diesem Ring nicht ausbrechen kann, so ist auch das Leben der jungen Männer im Süden. Feste Bahnen zeigen, was zu tun ist, verdienen kann nur, wer sich auf die Seite derer stellt, die die Macht haben. Rom gilt als ferne Verheißung, die Feindschaft der Clans ist so alltäglich wie das Brot. Zwei junge Männer werden stellvertretend bestraft, weil der, dem die Strafe zu Teil werden sollte, nicht zur Stelle war. Die, vor deren Augen das geschieht, haben nur eine Sorge: So wenig wie möglich zu wissen. Was bleibt ist auch hier die Trauer, die Trauer der Mutter, die Trauer und ein Ring, aus dem auszubrechen nicht möglich ist, auch wenn man gar nicht dazu gehört.

Buchtipps rund ums Schreiben


Deutsch fürs Leben. Was die Schule zu lehren vergaß, Wolf Schneider, Rowohlt Taschenbuch Verlag, 19. Auflage Februar 2010
– Präzise Einführung ins lesbare Schreiben vom Autor des „Handbuch des Journalismus“, eingeteilt in 50 übersichtliche Regeln.












Duden. Briefe schreiben leicht gemacht, Bibliographisches Institut, Mannheim, 2. auflage Februar 2008

















Formulieren ohne Floskeln, Jörg Neumann, Redline Verlag, März 2008
– Warum es besser ist, auf bürokratische Formulierungen und verbrauchte Floskeln zu verzichten. Mit Kapitel „Kundenorientierte Briefe schreiben“.

Daniel Quinn: Ismael

„Gibt es ohne den Menschen Hoffnung für den Gorilla?“

Gefangenschaft ist das zentrale Thema der ungewöhnlichen Lehrstunden, die ein desillusioniertes Schriftsteller zu nehmen beginnt. Ungewöhnlich nicht nur das Thema, sondern zunächst einmal der Lehrer. Denn als der Schriftsteller zum in der Anzeige in einer Tageszeitung genannten Treffpunkt kommt erwartet ihn in einer Altbauwohnung ein ausgewachsener Gorilla.

Die Sicht auf die menschliche Zivilisation, die Ismael, dem Schriftsteller bieten kann, geht weit über das hinaus, was ein Mitglied dieser Zivilisation über den Umgang der Menschen mit der Welt, zu denken gewöhnt ist.

In zahlreichen Stunden entwickeln die beiden im telepathischen Gedankenaustausch eine Vision von der Welt, wie sie sein könnte, wenn der Mensch nicht meinen würde, die Welt sei erschaffen worden, ihm untertan zu sein. Unglaublich, aber mehr als einleuchtend, zeigt der Gorilla als Außenstehender dem Menschen auf wie die kulturelle Entwicklung sich selbst zu rechtfertigen versucht. Er nennt die kulturelle Prägung „Mutter Kultur“ und verdeutlicht zudem wie schwer es ist, sich von ihrem Einfluss zu lösen.

Durch die Augen Ismael gelingt es Daniel Quinn Widersprüche im Leben der Nehmer, derer, die sich gern als „zivilisierte“ Menschen bezeichnen, aufzudecken. Den Nehmern gegenübergestellt ist die Lebensweise der Lasser, jener Menschen, die von uns gern als unzivilisiert betrachtet werden, deren Art zu existieren, jedoch im Einklang mit der Evolution steht.

Philosophisch, aufschlussreich und unbedingt lesenswert, für alle Zweifler und die, die es werden wollen. Und zu recht trägt die englische Originalausgabe den Untertitel: „An Adventure of the Mind and Spirit“. Denn die zentrale Frage bleibt nicht: „Gibt es ohne den Menschen Hoffnung für den Gorilla?“ sie lautet viel mehr: „Gibt es ohne den Gorilla Hoffnung für den Menschen?“

Advents-Lektüre

Geschneit hat es im Val di Non und bald fangen in Südtirol und im Trentino die ersten Weihnachtsmärkte an. Da ist endlich wieder Zeit für ein wärmendes Kaminfeuer, einen Teller Plätzchen und… ein gutes Buch.

Passend zur besinnlichen Stimmung ist mir nach Jahren mal wieder Marc Levy’s „Solange du da bist“ in die Hände gefallen. Traurig und hoffnungsfroh zugleich schafft Levy es mit diesem Roman, dass man den grauen Himmel komplett ignoriert. Warum? Weil man überhaupt keine Zeit hat, hinaus zu schauen. Also ich zumindest mal nicht.

Arthur, dem jungen Architekt, der an einem Winterabend eine junge Frau in seinem Badezimmerschrank findet, geht es übrigens genauso. Auch wenn alle Welt beginnt ihn für durchgedreht zu halten, er hat keine Zeit mehr, auf etwas anderes zu schauen, als auf Lauren. Er spricht – offensichtlich mit sich selbst- öffnet Beifahrertüren – ohne dass jemand einsteigt- und vernachlässigt seinen Job, um am Krankenbett einer Frau zu sitzen, die er gar nicht kennt.

Was heißt, er kennt sie schon, nur eben nicht wie alle anderen, denn Lauren liegt im Koma. Die Frau, mit der er spricht, obwohl sie keiner sieht, ist ihre Seele, die sich weigert, zu sterben. Gemeinsam versuchen sie, Körper und Seele wieder zusammen zu führen. Peinlich-komische Momente gibt es dabei jede Menge, mehr noch ist es aber die berührend-intensive Nähe zwischen beiden, die einen fesselt. Und während sein eigenes Leben völlig aus der Bahn läuft, leben Lauren und er ein ganz neues Leben. Bis eines Tages entschieden wird, dass die Maschinen abgeschaltet werden sollen. Mit der Entführung ihres leblosen Körpers bringt sich Arthur in Teufels Küche.

Aber wofür?

P.S.: Marc Levy zum Weiterlesen „Am Ersten Tag“

„Josefine und ich“

Wenn Hans Magnus Enzensberger von der seltsamen, beinahe an Abhängigkeit grenzenden Wechselbeziehung zwischen dem jungen Ich-Erzähler Joachim und der huldvoll-rüstigen, alten Dame Josefine schreibt, dann fragt man sich beizeiten: Worauf läuft das hinaus? Was steht hinter diesem Wirrwarr aus merkwürdig-provozierenden Ansichten der 75-jährigen und dem Versuch des Fußball begeisterten Wissenschaftlers in ihre Gedankenwelt vorzudringen?

Die Tagebucheinträge des jungen Protagonisten jedenfalls fördern eine Vielfalt widersprüchlicher Ein- und Ansichten zu Tage, drehen sich um hohe Politik und schlechte Eigenschaften ebenso wie um zerüttete Beziehungen und das längst vergessene Künstlerleben der Josefine. Was davon ist wahr, was Fiktion? Was Erinnerung, was pure Provokation? Genau sagen kann man dies bis zum Schluss nicht. Doch durchlebt man die Diskussionen aktiv mit, wird auf neue – teils ungewohnte – Sichtweisen aufmerksam gemacht und verspürt schließlich eine eigenartige Mischung aus Erleichterung und Trauer als die alte Dame stirbt.

Ähnlich wie Joachim – der Jahre später das Tagebuch zweifelnd in die Hand nimmt, ohne zu wissen, wie es dazu kommen konnte, dass er sich einst in sehr fern erscheinenden Zeiten, dieser alten Dame so verschreiben konnte – weiß man zum Schluss nicht, wie es möglich war, das einen die Geschichte gefangen nehmen konnte.