„Gibt es ohne den Menschen Hoffnung für den Gorilla?“
Gefangenschaft ist das zentrale Thema der ungewöhnlichen Lehrstunden, die ein desillusioniertes Schriftsteller zu nehmen beginnt. Ungewöhnlich nicht nur das Thema, sondern zunächst einmal der Lehrer. Denn als der Schriftsteller zum in der Anzeige in einer Tageszeitung genannten Treffpunkt kommt erwartet ihn in einer Altbauwohnung ein ausgewachsener Gorilla.
Die Sicht auf die menschliche Zivilisation, die Ismael, dem Schriftsteller bieten kann, geht weit über das hinaus, was ein Mitglied dieser Zivilisation über den Umgang der Menschen mit der Welt, zu denken gewöhnt ist.
In zahlreichen Stunden entwickeln die beiden im telepathischen Gedankenaustausch eine Vision von der Welt, wie sie sein könnte, wenn der Mensch nicht meinen würde, die Welt sei erschaffen worden, ihm untertan zu sein. Unglaublich, aber mehr als einleuchtend, zeigt der Gorilla als Außenstehender dem Menschen auf wie die kulturelle Entwicklung sich selbst zu rechtfertigen versucht. Er nennt die kulturelle Prägung „Mutter Kultur“ und verdeutlicht zudem wie schwer es ist, sich von ihrem Einfluss zu lösen.
Durch die Augen Ismael gelingt es Daniel Quinn Widersprüche im Leben der Nehmer, derer, die sich gern als „zivilisierte“ Menschen bezeichnen, aufzudecken. Den Nehmern gegenübergestellt ist die Lebensweise der Lasser, jener Menschen, die von uns gern als unzivilisiert betrachtet werden, deren Art zu existieren, jedoch im Einklang mit der Evolution steht.
Philosophisch, aufschlussreich und unbedingt lesenswert, für alle Zweifler und die, die es werden wollen. Und zu recht trägt die englische Originalausgabe den Untertitel: „An Adventure of the Mind and Spirit“. Denn die zentrale Frage bleibt nicht: „Gibt es ohne den Menschen Hoffnung für den Gorilla?“ sie lautet viel mehr: „Gibt es ohne den Gorilla Hoffnung für den Menschen?“