Blumenranken unter den Mathematikaufgaben, stundenlanges Malen in Unterrichtsfächern, die damit eigentlich gar nichts zu tun haben, machen was man will?
Echte Kreativität sieht anders aus, ganz anders. Und echte Künstler auch.
Ja, häufig sind die wirklichen Künstler ein wenig ausgeflippt, lassen sich nichts sagen und wirken, als lebten sie ein wenig in ihrer eigenen Welt. Die meisten Künstler aber sind vor allem eines: Diszipliniert, mit Freude bei der Sache und bestens dazu in der Lage, am Ball zu bleiben, ihr Ziel mit Vehemenz zu verfolgen.
Und das, können die meisten Kinder heutzutage definitiv nicht mehr.
Um ihre natürliche Kreativität ausleben zu können, brauchen Kinder ein Umfeld, das sie zugleich fördert und Kind sein lässt.
Sie müssen grundlegende Eigenschaften vorgelebt und Fähigkeiten vermittelt bekommen, die ihnen helfen, dass, was in ihnen vorgeht, die Ideen, die sie haben, auch entsprechend umzusetzen.
Echte Kreativität setzt vor allem Selbstbewußtsein, Technikbeherrschung, Offenheit, Sicherheit und ja, leider auch eine gewisse finanzielle Sicherheit voraus.
Alles Dinge, die in unserer Gesellschaft viel zu wenig vorhanden sind, unter- oder überschätzt werden. Das richtige Maß aller Dinge mag kaum jemand mehr finden. Und die Schule geht mit bestem Beispiel voran.
Denn es ist keineswegs hilfreich, wenn man Kinder den ganzen Tag malen lässt, ohne ihnen die notwendigen Fertigkeiten für das Leben zu vermitteln. Vor allem dann nicht, wenn es mit der ach so großen künstlerischen Freiheit am Ende gar nicht weit her ist. Denn wie läuft diese „Kreativität“ in den (meisten) Schulen aktuell ab?
Nach festen Vorgaben (So nach dem Motto: Beende jede Seite mit einer Ranke, die zwei Kästchen hoch ist. Verwende dabei eckige Formen.) wird gemalt; überall dort, wo hingegen Disziplin vonnöten wäre, herrscht Schlendrian. Stattdessen wird Wert auf Dinge gelegt, die man getrost hätte beiseite lassen können.
Was nützt es zum Beispiel, wenn Kinder seitenweise auswendig gelernte Geschichte aufsagen können, aber keinerlei Zusammenhänge zwischen zwei Ereignissen herstellen können und nicht wissen, das Moskau kein Land, sondern eine Stadt (zugegeben, das ist ein krasses Beispiel, aber leider nicht das einzige).
Dieses Wissen ist verloren. Zu schulen hingegen wäre die Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, aufmerksam zu sein, Rückschlüsse ziehen zu können und jene sowohl sprachlich als auch mit den verschiedensten anderen Ausdrucks- und Darstellungsmethoden zu präsentieren in der Lage zu sein.
Nicht selten sind selbst jene Kinder, die gern zeichnen und malen, von dieser Art und Weise genervt und verlieren so womöglich ganz und gar die Lust am Ausdruck. Mal ganz davon abgesehen, das jeglicher Gestaltungswille, jede eigenen Idee, die möglicherweise im Kopf des Kindes hereinreifen würde – wenn man sie ließe – bereits im Keim erstickt wird.
Viel zu häufig werden denn auch wenig hilfreiche Urteile der Lehrpersonen abgegeben. Urteile, die weder qualitätsvoll noch sonst irgendwie motivierend sind. Ganz im Gegenteil. Dabei wäre es doch die Aufgabe der Lehrer, im Ansatz vorhandene Begabungen eines jeden einzelnen Kindes (!) zu erkennen, auszubauen und zu verfeiern. Nicht mit Vorgaben sondern mit begleitender Anleitung, mit Technikvermittlung, Einsatzfreude und nicht zuletzt vor allem mit Motivation.
Fühlt sich ein Kind an- und vor allem ernst genommen, wird es eher in der Lage sein, sein Innerstes zu öffnen, Eindrücke auf sich wirken zu lassen und daraus etwas Eigenes, etwas Neues, etwas wirklich Kreatives entstehen zu lassen.
Ernst genommen fühlt sich das Kind aber vor allem dann, wenn es in bedeutende Entscheidungsprozesse, die es selbst betreffen, miteinbezogen wird, wenn künstlerische Versuche mit wohlwollender Kritik betrachtet werden und wenn es Grenzen gesetzt bekommt, an denen es sich ausprobieren kann.