Georg Büchner: Woyzeck

Kurzinformation

Autor: Dramatiker und Dichter Georg Büchner

Früher Tod Büchners 1837

Fragment in 31 handschriftlichen Szenen in mehreren Entwurfsstufen, Reihenfolge war nicht erkennbar (keine Seitenzahlen, keine Unterteilung in Akte), die Lesbarkeit war schlecht. Es existieren mehrere Lese- und Bühnenfassungen. Die Erstfassung erschien 1879 stark überarbeitet von Karl Emil Franzos (Hrsg.). Das Drama Woyzeck wurde am 8. November 1913 im Residenztheater München uraufgeführt.

Historische Vorbilder

Johann Christian Woyzeck (1780 geb.) erstach am 21. Juni 1821 die 46-jährige Witwe Johanna Christiane Woost aus Eifersucht und wurde 1824 in Leipzig hingerichtet.

Daniel Schmolling, der am 23. September 1817 seine Geliebte Henriette Lehne in der Hasenheide bei Berlin umbrachte.

Johann Dieß, der am 15. August 1830 seine Geliebte Elisabeth Reuter in der Nähe von Darmstadt erstach.

Am 15. April 1816 ermordete Johann Philipp Schneider wegen seiner Schulden seinen Gläubiger Bernhard Lebrecht in Darmstadt.

Büchner waren die Rechts- und Arztgutachten bekannt (Fachzeitschrift der Ärzte, Büchners Vater war Arzt). Beim Ablauf dieser Gewalttaten sind Parallelen zu Büchners Drama offensichtlich.

Inhalt

Der einfache Soldat Franz Woyzeck, der seine Freundin Marie und das gemeinsame uneheliche Kind, die genau wie er am Rande der Gesellschaft leben, zu unterstützen versucht, arbeitet als Laufbursche für seinen Hauptmann. Außerdem lässt er sich von einem skrupellosen Arzt als Versuchsperson auf Erbsendiät setzen, um einen zusätzlichen Verdienst zu seinem mageren Sold zu erhalten, den er restlos an Marie (und sein Kind) abgibt. Hauptmann und Arzt nutzen Woyzeck physisch und psychisch aus und demütigen ihn in der Öffentlichkeit. Marie beginnt eine Affäre mit einem Tambourmajor. Woyzecks aufkeimender Verdacht wird durch ihm nicht freundlich gesinnte Mitmenschen geschürt, bis er Marie und den Nebenbuhler beim Tanz im Wirtshaus ertappt. Er hört Stimmen, die ihm befehlen, die treulose Marie umzubringen. Weil sein Geld für den Kauf einer Pistole nicht ausreicht, besorgt er sich ein Messer und ersticht Marie in einem Wald nahe einem See.

Stilistische Besonderheiten

Umgangssprache, dialektal gefärbt und fehlerhaft bei der Unterschicht, Woyzeck spricht sehr bildhaft (zahlreiche Metaphern). Bewusst eingebaute Satzbrüche, Ellipsen und Ausrufe vermitteln Authentizität und steigern die Spannung. Verschiedene Sprachebenen symbolisieren die Standesunterschiede und verdeutlichen die Einsamkeit Woyzecks.

Literarische Bezüge

Bibel, auf Goethes Faust, Shakespeares Hamlet, Büchners eigene Werke (Dantons Tod und Lenz)

Verschiedene Mordmotive

  • Eifersucht
  • Psychische Störung (hört Stimmen, verstärkt durch Mangelernährung (Erbsen) verordnet vom Doktor (missbraucht ihn als Versuchskaninchen))
  • Befreiung von der Gesellschaft, in der er gedemütigt und verachtet wird
  • Ein Gedanke zu „Georg Büchner: Woyzeck“

    1. Einen literarischen Text sollte man in erster Linie aus diesem selbst heraus verstehen. Das macht man im Allgemeinen auch so, Ausnahme Büchner. Warum? Weil man nicht durchblickt. Maries Satz „Das Kind gibt mir einen Stich ins Herz“ liefert den Schlüssel zu Büchners Dramenfragment. Klar handelt es sich dabei um eine Metapher seitens der Mutter mit dem Kind auf dem Arm. Aber eben nicht nur, denn das Kind kauft unmittelbar vorher ein Messer, eigentlich völlig überflüssig, weil Woyzeck in der 1. Szene Stöcke geschnitten hat. Zudem verlangt die Stimme aus dem Boden besagte Mutter zu erstechen. Hier wird daher eine Familientragödie abgehandelt, für die es viele weitere Indizien gibt. Zum Beispiel dass das weibliche Opfer ursprünglich Margreth Woyzeck heißt, während der Familienname des Täters ausgespart wird, er heißt nur Louis. Und einen Doktor sowie einen Hauptmann, also auch Erbsen, Rasieren usw. sucht man in dem 1. Handschriftenentwurf vergeblich … Freilich passt die Mordhandlung mit den rituellen Aspekten, den Liedern und der Mächenparabel auch überhaupt nicht zu einem Sozialdrama, als das man den Woyzeck unbedingt missverstehen will. Bei Büchner geht es nebenbei bemerkt auch in Dantons Tod um sexuellen Missbrauch, der sowohl in Goethes Erlkönig eine Rolle spielt wie auch der Kindesmord im Faust. Die Jahrmarktsszenen im Woyzeck handeln versteckte Zynismen über die damals wie heute gängige Pädophilie ab. (Jüngst „Epstein“ in den USA, ein paar Jahre vorher „Savile“ in England und hier bei uns ….)

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