Daniel Kehlmann „Die Vermessung der Welt“

Kann die Vermessung der Welt am Schreibtisch erfolgen? Kann es wissenschaftlichen Fortschritt geben, ohne das die Forscher die Welt im praktischen Sinne entdecken? Inwieweit prägt Reisen den Menschen? Und welche Verbindungen ergäben sich, aus einer vorbehaltlosen Zusammenarbeit von Wissenschaftlern?

Der Themenkreis der fiktiven Doppelbiographie, mit der Daniel Kehlmann hitzige Diskussionen angeregt hat, ist breit. Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt: Es stehen sich der Mathematiker Karl Friedrich Gauß und der Naturforscher Alexander von Humboldt gegenüber, deren sehr verschiedene Lebenswege sich bei einer Tagung kreuzen. Fortan bleiben beide in Kontakt und tauschen sich über Forschungsergebnisse, Meinungen und gelegentlich auch Privates aus. Abwechselnd berichtet der Erzähler aus beider (teils fiktiver) Biographien.

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Wenn Komiker Ernst machen

„Ich bin dann mal weg“, sagte Hape Kerkeling und machte sich auf die Reise nach Santiago de Compostela. Vier Jahre liegt das Erscheinen des Buches zurück. Was bleibt, ist ein überaus unterhaltsamer, sehr nachdenklicher und rundum fesselnder Bericht seiner Reise auf dem Jakobsweg. Und der Wunsch, dass dieser feinsinnige Humor, der so ganz anders ist als alles, was man bis zu diesem Buch von Kerkeling gewöhnt war, uns noch lange erhalten bleibt.

Sechs Wochen zu Fuß, alles Nötige auf dem Rücken, 600 Kilometer voller Entbehrungen, Einsamkeit, Stille. Aber auch sechs Wochen voller unerwarteter Begegnungen, witziger Geisteblitze und tiefer Einsichten; jeder Schritt Selbstüberwindung bis hin zu der überraschenden Erkenntnis angesichts der Kathedrale von Santiago: Ja, ich habe es geschafft.

Eine Reise zu den Grundbedürfnissen des Menschen, die zeigt: Einen Blick nach innen zu riskieren, lohnt sich.

Empfehlung: Unbedingt lesenswert

Hermann Hesse “Über das Glück”

„Glück ist Liebe, nichts anderes. Wer lieben kann, ist glücklich.“

Das zumindest vekündet der Umschlagtext.

Das diese Liebe, dieses Glück für den Autor, für den Menschen Hesse viel tiefer geht, zeigt diese Sammlung an Tagebuchauszügen, Gedichten und Gedanken.

Auf der Spur eines ganz eigenen, nachahmenswerten Verständnisses vom Glück ist dieses Buch ein wahres Kleinod für jeden, der sich wie Hesse selbst auf die Suche begibt. Auf die Suche nach Momenten des vollkommen Glücks im eigenen Leben. Momenten, die so flüchtig und zugleich so bleibend sind, dass man noch Jahre später davon zehren kann. So wie Hesse es tat. Stimmungen, persönliche Eindrücke und weltumfassende Einsichten vermag kaum ein anderer so anschaulich, so einfühlsam und berührend in Worte zu fassen, wie er, der sein Leben lang dem Glück nachspürte, es zu fassen, zu beschreiben, nachzuempfinden suchte.

In der Erinnerung an die Tage der frühesten Kindheit finden sich diese Momente des Glücks am reinsten und vollkommensten, sagt Hesse. Doch auch in späteren Jahren kann man das Glück erhaschen. Im Lächeln eines Kindes, im Ziehen der Wolken über einen sommerlich blauen Himmel, in der Freude einer schlichten Bootsfahrt. Begeben wir uns also beim Lesen dieser Betrachtungen auf unsere ganz persönliche Suche nach Momenten in unserem Leben, die es in der Erinnerung zu bewahren lohnt. Und wenn wir dann in der Morgensonne im Süden Südtirols, unter einem Apfelbaum sitzend vom Lesen aufschauen und sich ein Sonnenstrahl im Flügelschlag eines Schmetterlinges bricht, dann wissen wir genau, was Hesse bewegte.

Empfehlung: Unbedingt lesenswert

Simon Beckett “Voyeur”

Diffizil, feinsinnig und beinahe plastisch in seinen Beschreibungen, beinahe so wie man ihn aus seinen späteren Werken kennt, lässt Simon Beckett in seinem Erstlingswerk einen tiefen Blick zu in die Abgründe des Menschseins. Einen Blick auf das, was der Mensch zu tun im Stande ist, wenn Besessenheit sein Motor ist. Eine besondere Intensität der Beschreibung entsteht durch die Perspektive des Ich-Erzählens. Hautnah erlebt der Leser die Gedanken, Gefühle und Eindrücke der Hauptfigur Donald Ramsey mit.

Leidenschaft, ja Obsession ist es, die den Londoner Kunsthändler antreibt. Doch nicht im wahren Leben sondern nur in seiner Phantasie lebt er sie aus. Seine ganz private Sammlung erotischer Kunstwerke ist das einzige Ziel seiner Leidenschaft. Bis er eines Tages Anna als Assistentin für seine Galerie einstellt. Vollkommen zufällig beobachtet er sie eines Abends als sie sich umzieht.

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„Wörter machen Leute.“

So lautet in Kurzform ein weiterer Buchtitel des vielfach zitierten „Sprachpapstes“ (Bastian Sick). Und spätestens wenn man sich eines der Sachbücher von Wolf Schneider zur Hand nimmt, dann weiß man: Der Mann hat recht.

Schlüssig, klar, ohne überflüssiges Beiwerk und zeilenfüllende Raumhascherei bringt er mit seinen Werken auf den Punkt, was den Deutschen aller Branchen und Altersgruppen heute teilweise so schwer fällt: Texte zu schreiben, die Inhalte verständlich transportieren, die Zielgruppe erreichen und die, trotzdem – oder gerade deshalb, angenehm zu lesen sind, ja sogar mitreißen und den Leser nicht mehr los lassen. Selten ist mir ein Sachbuch zum Thema „Wie verfasse ich gelungene Texte?“ begegnet, dass mir beim Lesen so viel Freude bereitet hat.

„Deutsch für junge Profis. Wie man gut und lebendig schreibt“ ist keinesfalls nur etwas für (junge) Profis. Im Gegenteil, jeder der plant etwas zu schreiben, sollte, vor allem, wenn er auch gelesen werden will, mehr als einen Blick in Schneiders Werke riskieren.

In 32 Schritten führt der Stilkritiker den Leser auf den Weg zu einem besseren Stil – immer mit einem Lächeln auf den Lippen. So muss sich beispielsweise niemand angegriffen fühlen, wenn Wolf Schneider in einer der Lektionen des Handbuches charmant auf die Mängel und Tücken einer Formulierung verweist, die man selbst bisher mit besonderer Vorliebe verwendet hat.

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Welttag des Buches

Heute ist der Welttag des Buches. Statistische Erhebungen allerorten: Südtirols Bibliotheken beispielsweise haben einen Buchbestand von rund 2,8 Millionen Exemplaren und rund 140.000 aktive Nutzer.

Also warum nicht selbst mal wieder zu einem guten Buch greifen? Schließlich steht das Wochenende vor der Tür. Hier ein paar Tipps:

Jack Dann, „Die Kathedrale der Erinnerung“, Bastei-Lübbe 1995
Historischer Roman um Leonardo da Vinci, den Querdenker der Wissenschaft, der mit einer ganz besoderen Fähigkeit hadert: Nicht vergessen zu können.

Daniel Kehlmann, „Die Vermessung der Welt, Rowohlt Verlag, Reinbek 2005
Wenn ein Mathematiker und ein Naturforscher in einen Wettstreit treten – Die fiktive Doppelbiographie von Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt regt zum Nachdenken an – und nicht selten auch zum Schmunzeln.

Jürgen Todenhöfer, „Wer weint schon um Abdul und Tanaya?“, Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2003
Noch immer brandaktuelles Sachbuch gegen den Irakkrieg und über die Folgen, die eintreten, wenn der Mensch über die Rache die Gerechtigkeit aus den Augen verliert.