Bertolt Brecht – “Der Spitzel”

Hintergrundinformationen

„Der Spitzel“ ist Teil einer Sammlung kurzer, selbstständiger Einzelszenen, die miteinander durch das Thema Lüge verbunden sind. Brecht arbeitete die Sammlung während seines dänischen Exils aus. Die einzelnen Szenen handeln in verschiedenen Ort in Deutschland, Handlungsträger sind Arbeiter oder Personen aus dem Mittelstand. Der Originaltitel der Ausgabe hieß „Deutschland – Ein Greuelmärchen“.

Figuren und Handlung

Handlungsträger dieses epischen Theaterstückes sind Vater, Mutter und Sohn. Alle Figuren bleiben namenlos. Die dargestellte Situation spielt sich an einem verregneten Tag des Jahres 1935 ab. Zeitung lesend sitzt der Sohn im Wohnzimmer. Das aktuelle Thema der Zeitung ist das nicht regelkonforme Verhalten der Priester. Als der Junge den Vater diesbezüglich etwas fragt, ärgert sich dieser über die Art der Berichterstattung. Seine Äußerungen gehen soweit, dass sie unter Umständen als Kritik am herrschenden System verstanden werden können. Nachdem die Mutter dem Sohn Geld gegeben hat, um so zu erreichen, dass er das Haus verlässt und die Diskussion nicht weiter mitbekommt, bleibt dieser für einige Zeit aus. Deshalb geraten die Eltern in Sorge, inwieweit die Hitlerjugend den Sohn bereits so beeinflusst haben könnte, dass er über das zu Hause Gehörte Meldung erstatten würde. Aufgeregt erörtern sie das Für und Wider und geraten dabei so sehr in Panik, dass Angst vor dem Klingeln des Telefons bekommen und sich zuletzt vorstellen können, dass ihr Sohn ein Spitzel ist. Als dieser nach Hause kommt, sind sie voller Angst und Misstrauen. Er hingegen ist vollkommen ruhig und verhält ganz normal.

Frau: sehr besorgt, stark beeinflusst von den Berichten über Verleumdungen und Verhaftungen, die die Runde machen.

Mann: Lehrer, versucht sich anzupassen und dem System zu genügen, ist unsicher und voller Zweifel, versucht zunächst zu beschwichtigen, wird aber schnell aufbrausend und ebenso besorgt wie seine Frau.

Entfremdung und die Wirkung der Agitation sind Thema der Szene, in der sich der ängstliche geführte Dialog zwischen Mutter und Vater in übertriebener Weise steigert. Eben diese Übertreibung ist ein Kennzeichen der Brecht’schen Technik der Verfremdung. Neben konventionellen dramaturgischen Elementen setzt Brecht Mittel der Verfremdung ein, um die gewünschte Aussage zu verdeutlichen und eine Distanz zwischen dem Zuschauer und den Figuren bzw. der Handlung zu erzielen. So wird verdeutlicht, dass sich die Szene so zu jener Zeit an beinahe jedem anderen Ort auch zugetragen haben könnte, was dem Thema größere Allgemeingültigkeit verleiht und zur Reflexion des Zuschauers führt.

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